Narrenvogtei Kolbingen stellt sich vor

Die Narrenvogtei Kolbingen e.V. wurde im Jahre 1959 gegründet 
und ist Gründungsmitglied der Narrenfreunde Heuberg e.V.

 

Kolbinger Vogt mit Galgen

 

Zweck des Narrenvereins ist, das kulturelle Erbe des Fasnacht- oder Fasnetbrauchtums, 
aus der Sage des Vogt von Kolbingen abstammendes Geschehen, zu erhalten und weiter zu fördern.

Die Vogtei besteht aus den Gruppen; Vogt, Hilbweible, Kindergarde, Garde, Elferrat. 
Der Galgen ist das Vereinswappen der Vogtei, der die Symbolik der Sage des Vogts von Kolbingen ausdrückt.





Unsere Sage: Der Vogt von Kolbingen 

Kam da einmal ein Bursche mit lotterigen Hosen von Mühlheim die Steig herauf, um den Heuberg zu besuchen, hatte er auch schon unterwegs Gelegenheit, eine böse Tat auszuführen. Ob es so bös war, was er im Sinn hatte? Ein Bauernweib kam die Steig herunter und wollte Eier und Butter zur Stadt tragen. Ohne in den Korb gesehen zu haben, wußte der Bursche auch schon, was darin war und danach gelüstete ihn. Er versperrte der Frau den Weg, drohte ihr mit dem Prügel und war gar nicht sehr erstaunt, als sie den Korb fallen ließ und wie besessen davon sprang. Mehr aber hatte der Hungrige nicht gewollt. Es waren noch genug Eier ganz, um einen leeren Magen zu füllen. Butter, Eier und Brot, das war gut für die Herren, also konnte es einem Landstreicher auch nicht übel werden davon, und er aß sich in aller Ruhe satt wie noch nie.

 

Dann setzte er seinen Weg fort und kam gegen Abend auf die Höhe nach Kolbingen. Da kam ihm aber auch schon das Unglück wie ein Riesentier entgegen. Die Bauern hatten ihn erwartet, weil die Bäuerin den Überfall geschildert hatte, und sie banden ihn mit Stricken wie einen Schwerverbrecher. Dann zogen sie ihn ins Dorf, natürlich nicht ohne Prügel und Stöße. Die Herren von Ulm-Werrenwag waren im Ort begütert und hatten neben vielen anderen Gerechtsamen auch die hohe und niedere Gerichtsbarkeit. Also wurde der Landstreicher vor die Herren geführt, und es begann auch gleich das Gericht. Ein Menschenleben galt um diese Zeit nicht viel, und mancher wurde wegen kleiner Vergehen schon vom Leben in den Tod befördert. Hier aber lautete die Anklage auf Wegelagerei, Straßenraub und versuchten Totschlag. Also war der Kopf des Landstreichers keinen Kreuzer mehr wert. Es lautete das Urteil auf Tod durch Erhängen. Und trotzdem verlor der Verdammte seinen Humor nicht. Sei es, das ihm sein Leben selbst nicht viel wert war, sei es, daß er nicht an die Ausführung des Urteils glaubte, er lachte und bedankte sich bei den Herren Richtern, wie wenn sie ihm etwas Großes geschenkt hätten.

 

Nun mußte aber, wenn einer gehängt werden sollte, der Galgen mitten im Ösch aufgerichtet werden, damit er von allen vier Seiten von Grundstücken begrenzt war. Und weil bei so einer Hinrichtung immer sehr viel Neugierige herbeiströmten, um dem armen Kerl zappeln zu sehen, wäre ein großer Teil des Kornösches zertrampelt worden. Es war gerade um St.Veit, also sechs Wochen vor der Ernte, und es wäre den Feldbesitzern großer Schaden entstanden. Aber wenn die Hinrichtung bis nach der Ernte verschoben werden mußte, dann würde durch die Arrest- und Verpflegungskosten der Herrschaft unnötige Ausgaben entstanden, und das war auch wieder Schaden. Darum wurde erneut beraten, und man kam zu dem Entschluß, der Kerl erst aufzuhängen, wenn die Felder abgeräumt seien.

 

Der Verurteilte mußte sich nur verpflichten, am Ägidiustag auf die Vogtei zu kommen, damit man ihn dann hängen könnte. Das tat der lustige Vogel natürlich gern. Er versprach, am bestimmten Tag ins Dorf zu kommen, bedankte sich nochmals für die gewährte Galgenfrist und zog frohgemut zum Ort hinaus. Ob er kommen würde? Da glaubte kein Mensch daran. Aber sie hatten sich alle getäuscht! Am Ägidiustag stand der Landstreicher vor den Dorfherren, um sein gegebenes Versprechen einzulösen. Er war gekommen, um den Galgen zu besteigen und um zu zeigen, daß ein Vagabund auch eine Ehre im Leibe hat. Das hatte aber nicht einmal mehr der Richter erwartet, daß einer so ehrlich war. Im Stillen hatten sich die Herren geschwind überlegt, ob sie in diesem Falle auch so gehandelt hätten. Und weil so seltene Redlichkeit nicht unbelohnt bleiben darf, verziehen sie ihm, und er wurde begnadigt. Die Bauern wählten ihn daraufhin sogar zu ihrem Vogt, weil „kein Redlicherer zu finden war".

 

Viele Jahre war dann der Landstreicher Dorfvogt auf dem südlichen Heuberg. Es zog ihn immer wieder einmal für kurze Zeit hinaus, wie ein Vogel, der im Herbst und Frühling wandern mußte, aber er kam wieder und versah sein Amt, bis einer Tages wieder ein armer Sünder gehängt werden sollte. Der Vogt hätte bei der Hinrichtung Zeuge sein sollen. Da war er aus dem Dorfe verschwunden und war nie mehr gesehen. Man munkelt nur leise, er sitze des Nachts auf dem Galgen und lache in den Ösch hinaus.

 

Er wandere die Steig auf und ab und ziehe durch die Wälder des Heubergs. Es war halt so, daß einer, der einmal vom Gericht verdammt wurde, zu Lebzeiten und nach dem Tode einen Macken an sich trug, den er nimmer abstreifen konnte, auch wenn er unschuldig war. Darum mußte der redliche Vogt auf dem Heuberg geistern gehen.